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Goethegesellschaft Ilmenau-Stützerbach e.V.
♥ Ilmenau kreativ erleben
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Im Rahmen der vielseitigen naturwissenschaftlichen Interessen und Leistungen Goethes nahmen die geologischen Wissenschaften eine besondere Stellung ein.
Entscheidende Anregungen, sich der Mineralogie und Geologie zuzuwenden, erhielt Goethe durch seine Tätigkeit in der Ilmenauer Bergwerkskommission, die er seit dem Februar 1777 leitete. Um sich Kenntnisse von den Mineralien und Gesteinen anzueignen, sammelte er alles Greifbare, was ihm nützlich erschien.
Goethe durchstrich die Gebirge mit großer „Sorgfalt und Leidenschaft“, wie aus einem Brief an Knebel aus dem Jahre 1782 hervorgeht:
„… Du erinnerst Dich noch, mit welcher Sorgfalt und Leidenschaft ich die Gebirge durchstrich und auch die Abwechslungen der Landesarten zu erkennen, mir angelegen sein ließ. Das habe ich nun wie auf einer Einmaleins-Tafel, und ich weiß von jedem Berg und jeder Flur Rechenschaft zu geben. Dieses Fundament läßt mich nun gar sicher auftreten, ich sehe weiter und sehe nun, zu was die natur ferner diesen Boden benutzt und was sich der Mensch zu eigen macht.„
Zahlreiche geologische Einzelbeobachtungen wurden von ihm im Gelände gemacht und mit Text oder Zeichnung festgehalten. Der von der Bergakademie Freiberg kommende Geologe J. C. W. Voigt half mit seiner „ausgebreiteten Kenntnis des Details“ und der „Nomenklatur“ das wissenschaftliche Vorgehen zu erleichtern. Weiterhin bat Goethe Knebel, Merck und andere, ihm Steine zu schicken. Goethes Gesteinssammlung war eine der besten Sammlungen jener Zeit in Europa und stellt heute mit etwa 18 000 Einzelstücken eine der größten historischen geowissenschaftlichen Sammlungen dar.
Goethe ging es darum, zu ergründen, wie die Erde entstanden ist und die Erdschichten gelagert sind. Er wurde durch die Lehre A. G. Werners beeinflußt, der als führender Mineraloge und Geologe an der Bergakademie Freiberg tätig war und die Ansicht vertrat, daß alle Gesteine ihre Herkunft einer wäßrigen Entstehung zu verdanken haben.
Durch die gemeinsame Arbeit mit J. C. W. Voigt wurde Goethe mit der geologisch -mineralogischen Systematik und Terminologie zu dieser Zeit vertraut. Er versuchte nun selbst geologische Termini präzise zu bestimmen und legte als Ergebnis dieser Arbeit 1784 den Artikel „Über den Granit“ vor. In dieser Schrift formulierte er den Gedanken, daß der Granit in der Erdgeschichte historisch das älteste Gestein sei und er betrachtete ihn als eine Art „Urgebirge“ in ähnlicher Weise, wie er in der Farbenlehre vom „Urphänomen“ oder in der Botanik von der „Urpflanze“ spricht.
Über die Entwicklung seiner mineralogischen Studien berichtete Goethe in dem Aufsatz „Verschiedene Bekenntnisse“. Neben anderen Artikeln begann er 1782 mit Vorarbeiten für eine „Mineralogie von Thüringen und angrenzender Länder“.
Bis an sein Lebensende hat sich Goethe intensiv mit geologischen Fragen beschäftigt. So entwickelte er auch die für seine Zeit neue Vorstellung von einer Eiszeit in der Erdgeschichte. Wenig bekannt ist auch sein Beitrag zur Anfertigung geologischer Karten Deutschlands. Die von ihm vorgeschlagene Farbgebung auf der Basis seiner Farbenlehre ist bis heute international gültig.
In den letzten 15 Lebensjahren wandte er sich verstärkt paläoontologischen Fragen zu und trug eine bedeutende Sammlung zusammen. Aus dem Thüringer Wald stammen davon 23 fossile Pflanzenreste, alle aus der Steinkohlenlagerstätte Manebach – Kammerberg.
Die Möglichkeiten Goethes, sich an der Entwicklung der noch jungen Paläobotanik durch Gedanken- und Materialaustausch mit anderen Forschern zu beteiligen, beruhen vor allem auf seiner eigenen Sammlung von Manebach – Kammerberger Pflanzenfossilien. Begonnen wurde diese Sammlung mit Hilfe des Bergrats Voigt, nach dessen Tod bemühte sich sein Nachfolger, der Bergamtmann J. C. Mahr, die Fundstellen zu sichern und wichtige Funde für Goethe zu bergen.
Quellen:
Otfried Wagenbreth „Goethes Stellung in der Geschichte der Geologie“
Siegfried Neuendorf „Die Goethestadt Ilmenau“
Manfred Barthel „Klassische paläobotanische Sammlungen aus dem Thüringer Wald“
Voigt / Sucker „J. W. v. Goethe – Hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner“
Weitere Informationen zum Forscher Goethe in Ilmenau:
Geologie – Botanik – Farbenlehre – Anatomie – Technik
Johann Wolfgang von Goethe an Merck
Wie in vielen anderen mitteleuropäischen Steinkohlenvorkommen, so war auch in Manebach – Kammerberg bei Ilmenau die Entstehung der wissenschaftlichen Betrachtung fossiler Pflanzenreste – die Paläobotanik – eng mit der Entwicklung des Bergbaus verknüpft. Von hier stammten bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts (Mylius, 1709 , Scheuchzer, 1709) gute Abbildungen zu Schriften mit idealistischer Deutung der Fossilien. So schrieb G. F. Mylius in seinem Buch „Des unterirdischen Sachsens Seltsame Wunder der Natur“ von „Manebacher Schieffern, darauf Kräutlein abgebildet sind“. Der gothaische Staatsmann und Naturforscher Ernst Friedrich von Schlotheim begründete mit seinen paläobotanischen Darstellungen (1803, 1804, 1813, 1820) die Paläobotanik und beschrieb 1804 zahlreiche Abdrücke von Pflanzenarten aus Manebach.
Heute, lange nach dem Erlöschen des Steinkohlenbergbaus sind noch immer Kohlenflözchen, Wurzelböden, „Kräuterschiefer“, Sandsteine mit aufrechtstehenden Calamiten – Stämmen und andere Rotliegend – Sedimente in Manebach – Kammerberg aufgeschlossen.
Die fossilen Pflanzenarten, die man hier beobachten kann, sind in vielen Fällen von dieser Lokalität international erstmalig beschrieben und wissenschaftlich benannt worden. Da es sich dabei um Pflanzen handelt, die in der äquatorialen Zone der Oberkarbon- und Permerde weit verbreitet waren und heute in vielen Lagerstätten als Leit- oder Faziesfossilien dienen, ist dieser Aufschluß mit seinen Beobachtungs- und Sammelmöglichkeiten eine internationale Typus-Lokalität von höchstem wissenschaftlichem Wert und die gegenwärtige paläobotanische Forschung kann von hier zahlreiche Erkenntnisse gewinnen.
Gleichzeitig ist diese Lokalität als Fundgebiet von Autoren der vorwissenschaftlichen Periode, wie Goethe, Ernst von Schlotheim, Johann Christian Mahr, Hermann Mahr u. a. wissenschaftshistorisch von großem Interesse.
In den 20er Jahren dieses Jahrhunderts führten umfangreiche Untersuchungen an den Manebacher Pflanzenabdrücken durch Gothan und Gimm erstmalig zur Unterscheidung der Rotliegend-Vegetation in standortbedingte Pflanzengesellschaften. Der hiesige Aufschluß dient der geologisch – paläontologischen Lehre und Weiterbildung. Fossilien aus Manebach sind in vielen naturkundlichen Museen der Welt ausgestellt.
Zahlreiche hervorragende Sammlungen Manebacher Fossilien sind bekannt, angefangen von Goethes Sammlung, die vorwiegend auf der Sammeltätigkeit des Ilmenauer Bergrates J. C. Mahr beruhte, bis zu wertvollen Sammlungen von Heimatgeologen und Laienforschern der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart. Auf der Basis dieser Sammlungen und vieler neuer Funde wurde eine paläofloristische Neubearbeitung des Unteren Rotliegenden im Thüringer Wald durch Manfred Barthel vom Naturkundemuseum Berlin in Angriff genommen, deren Ergebnisse von internationaler Bedeutung sind.
In Manebach gibt es seit langem ein gutes Zusammenwirken von Sammlern und Fachwissenschaftlern. Ein paläontologischer Lehrpfad, der einzigartig in Deutschland sein wird, ist in Vorbereitung.
Quellen:
Manfred Barthel „Pecopteris – Arten aus dem Rotliegenden von Manebach in Thüringen“
Manfred Barthel „Pflanzenfossilien als Kulturgut“
Manfred Barthel „Johann Christian Mahr – Goethes Fossiliensammler im Steinkohlenvorkommen Manebach – Kammerberg“
Johann Wolfgang von Goethe, Brief an J. G. Rhode