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Goethegesellschaft Ilmenau-Stützerbach e.V.
♥ Ilmenau kreativ erleben
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Im 18. Jahrhundert herrschte um Ilmenaus Steuergelder eine unsagbare Verwirrung. Seit Jahrzehnten ist die Verwaltung des Steuerwesens durch ungetreue Beamten ungeordnet. Seit zwanzig Jahren waren keine Steuerrechnungen mehr aufgestellt worden. Die Steuereinnehmer bedienten sich selbst aus den Kassen. Niemand griff ein, da die meisten Beamten nicht unbeteiligt waren. Oft waren auch verwandtschaftliche Beziehungen der Beamten untereinander ein Grund. Die Bürger der Stadt mußten hilflos bei diesen Bereicherungen zusehen, denn alle Beschwerden blieben erfolglos. Als sich die Einwohner bis an den Kaiser wandten, wurde diese sogenannte „Rebellion“ mit großer Härte und Anwendung von Truppengewalt bestraft. Nicht die ungetreuen Beamten wurden bestraft, sondern gegen die „aufsässigen Einwohner“ wurden Gefängnis- und Zuchthausstrafen verhängt! Hinzu kam, daß durch mehrere Mißernten 1771/72 große Hungersnot herrschte. Allein in Ilmenau starben 205 Menschen.
Goethe erfuhr durch die Berichte seines Schützlings Krafft von diesen Mißständen. Er wird Leiter der Ilmenauer Steuerkommission und sendet den tüchtigen und unbestechlichen Amtmann Heinrich Ackermann nach Ilmenau. Zusammen haben sie das Ziel, ein geordnetes und gerechtes Steuersystem einzuführen. Doch nach wie vor wirtschaftet der derzeitige Steuereinnehmer Gruner. Obwohl seine Machenschaften längst aufgedeckt sind, schützen ihn seine Verwandten vom Weimaer Hof. Erst durch die persönliche Unterstützung von Herzog Karl August muß sich Gruner endlich einem Gericht stellen. Dabei wurden die schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen. In Gruners Amtszeit war es nicht nur zu 11 000 Talern Steuerrückständen gekommen, er selbst hatte noch zusätzlich 5 000 Taler unterschlagen. Am 3. Dezember 1782 wird ihm eine Zuchthausstrafe auferlegt.
Das größte Stück Arbeit steht aber noch bevor: Eine gründliche Neuordnung des Steuerwesens war erforderlich. Die Steuern wurden bisher völlig unwillkürlich und unabhängig von Größe und Ertrag des Grundstückes festgelegt. Die Ilmenauer Steuerkommission begann ihre Arbeit mit der Neuvermessung der Grundstücke und einer Überarbeitung alter Schulden der Stadtkasse aufgrund der zurückliegenden Kriege. Es wurde im Steuerwesen ein neues System erarbeitet, wobei auch die Ertragslage der Böden mit berücksichtigt wurde. Goethe diskutierte viele Stunden mit den Einwohnern und strebte stets die beste Lösung mittels Einigungen und Vergleichen an. Es lag ihm viel daran, das Vertrauen der Ilmenauer zu ihrer Obrigkeit wiederzuerlangen. Im Dezember 1785 ist es endlich geschafft! Alte Schulden sind getilgt und die Stadtkasse wird ordnungsgemäß verwaltet. Mit der erfolgreichen Lösung dieser Aufgabe hat Goethe den Grundstein für eine wirtschaftliche Entwicklung des kleinen Städtchens Ilmenau gelegt.
Vier Jahre später erwähnte Goethe dieses Ereignis in seinem Gedicht „Ilmenau“.
Auszug aus „Ilmenau“, Johann Wolfgang von Goethe