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Goethegesellschaft Ilmenau-Stützerbach e.V.
♥ Ilmenau kreativ erleben
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Gegenstände des Ilmenauer Bergbaus waren Kupferschiefer und Sanderz.
Goethe und seine Mitarbeiter ließen den neuen Schacht 1784 dort abteufen, wo der Kupferschiefer in flacher Lagerung zu erwarten war. Die bestätigte sich, aber der flach liegende Kupferschiefer erwies sich im Gegensatz zum steiler liegenden als erzarm bis erzleer. Für Goethe und seine Zeitgenossen war das einen unangenehme Überraschung. Vom geologischen Kenntnisstand unserer Zeit ist das erklärbar.
Als sich vor etwa 100 Millionen Jahre der Thüringer Wald heraushob, entstand in der Gegend von Ilmenau ein Höhenunterschied von ca. 1000 Meter. Am Rand der gehobenen Erdscholle entstand eine Verwerfung, d.h. eine Schrägstellung und sogar Überkippung der verschiedenen Erdschichten (auch des Kupferschiefers).In der steil stehenden Schicht des Kupferschiefers konnten sich Metalle wie Kupfer, Blei, Zink und Silber anreichern. So hatte sich eine räumlich eng begrenzte Kupferlagerstätte gebildet, welche aber schon vor Goethes Zeiten nahezu ausgebeutet war. Im Bereich der flachen Lagerung war eine Erzanreicherung nicht gegeben. Zu Goethes Zeiten konnten diese erdgeschichtlichen Vorgänge noch nicht überschaut werden. Allerdings war es schon eine beachtliche Leistung, den Kupferschiefer als Flöz zu erkennen (Platte) und nicht wie im Mittelalter als verschiedene parallele Gänge.
Die Geschichte des Ilmenauer Bergbaus erlebte Blütezeiten und Verfall. Am ertragreichsten war die Ausbeute an der Sturmheide im 16. /17. Jahrhundert. Aufwendige und kunstvolle Anlagen waren notwendig, um das reichlich vorhandene Grubenwasser abzuleiten. Anfangs wurden Pferdegöpel verwendet, die dann von Wasserkünsten abgelöst wurden. Die riesigenWasserräder (bis zu einem Durchmesser von 12m) wurden von Aufschlagwassern aus den Berggräben betrieben. Diese Kraft setzte Pumpen in Bewegung, welche das Wasser bis auf den Entwässerungsstollen hoben. Der längste Entwässerungsstollen reichte bis Martinroda und war von lebenswichtiger Bedeutung. Deshalb wurde dieser Stollen auch dann noch gewartet, wenn die Bergwerke stilllagen.
Im Mittelalter wurde das Erz in HochöfenAusbeutetaler geschmolzen, in einer Saigerhütte das Silber vom Kupfer getrennt und in der Münze zu Ausbeutetalern geprägt. Die Erze waren sehr ertragreich und brachten den Besitzern der Bergwerke einen ansehnlichen Gewinn.
1739 brach der Damm eines Teiches ( Unterer Freibachteich), aus welchem die Berggräben gefüllt wurden. Damit blieb die Wasserzuführung aus, die Wasserräder standen und das Grubenwasser füllte die Schächte. So endete der Ilmenauer Bergbau für fast ein halbes Jahrhundert. Die Schächte verbrachen, Maschinen wurden Schrott, nur der Martinrodaer Stollen wurde erhalten.
Das erste Problem bei der Wiederbelebung des Ilmenauer Bergbaus waren die rechtlichen Vorarbeiten. Goethe verfaßte dazu eine umfangreiche Denkschrift, in der er die verworrenen Rechtsverhältnisse aufklärte. Diese Schrift war die Grundlage für die erste Bergwerkskonferenz in Ilmenau 1781. Er führte selbst den Vorsitz.
Goethe war ganz von dieser Aufgabe erfüllt. Mit dem Herzog befuhr er noch zweimal das Manebacher Steinkohlenbergwerk, studierte die Henneberger Bergordnung und ließ sich von einem alten Berginspektor zeigen, wie man das Vorhandensein von Silber im Kupferschiefer feststellt.
In den ersten jahren der Kommissionstätigkeit trat Goethe noch nicht so hervor wie später. Seine Tagebuchaufzeichnungen beweisen jedoch, daß er die neuen Pflichten mit großem Ernst und Eifer erfüllte. Naturliebe war ihm von jeher eigen. Hier in Ilmenau war er ihr unmittelbar nahe. Die unterirdischen Geheimnisse kennenzulernen, sein Wissen und seine Anschauung von der Natur zu erweitern und zu vertiefen, war ihm innerstes Bedürfnis geworden. Dieser Drang trieb ihn im Winter 1777 in den Harz, in dessen Bergwerke und Schächte, Messing- und Silberhütten. Seine freudige Feststellung, wie „vom unterirdischen Seegen die Bergstädte fröhlich wachsen“, rief in ihm vielleicht auch die Vision eines neuen, blühenden Ilmenaus hervor.
Drei Jahre dauerte es, bis die Altschulden des Bergwerkes sowie die Finanzierung der Wiederaufnahme geklärt waren.
Die Gläubiger wurden mit Vergleichen und Abfindungen aus der Landeskasse zufriedengestellt. Carl August selbst verzichtete auf alle eigenen Forderungen.
Eine „Gewerkschaft“ wurde Trägerin des Bergbauunternehmens. Neu war damals, daß diese Gewerkschaft eine „mystische Person“ darstellen sollte. Im heutigen Sprachgebrauch ist dies einer „juristischen Person“ gleichzusetzen! Die neue Ilmenauer Gewerkschaft wurde mit 1000 Kuxen (Aktien) gegründet. Allerdings durfte jeder Teilnehmer nicht mehr als 10 Kuxe besitzen, damit kein Einfluß auf die weimarsche Direktion genommen werden konnte.
Pro Kuxe wurde dann ein Anteil von 20 Reichstalern für den Vorschuß festgelegt. Die Nachfrage nach den Kuxen war groß und so konnte am 24.Februar 1784 feierlich das Bergwerk in Betrieb genommen werden. Aufgrund eines bergmännischen Gutachtens wurde beschlossen, einen neuen Schacht zwischen der Sturmheide und Roda abzuteufen. Dieser Schacht wurde „Neuer Johannes“ genannt. Goethe hielt im Gasthaus zur Post eine große Rede und vollzog selbst den ersten Spatenstich.
Ilmenauer Kuxe
Die Abteufarbeiten (Ausschachtarbeiten) wurden mit einem dreimännischen Haspel begonnen.
Die Arbeit ging gut voran und nachdem eine Tiefe von 180 Meter erreicht war, wurde zur Erleichterung der Arbeit ein Kunstrad (Wasserrad) aufgestellt. Dafür wurde der mittlere Berggraben wieder in Ordung gebracht und bis zum Schacht verlängert, um das Aufschlagwasser zu erhalten.
1787 kam es durch den Riss des Förderseiles aus Hanf zu einem schweren Unfall. Der seillos gewordene Kübel erschlug einen Bergmann und verletzte drei weitere. Daraufhin wurde der Einsatz eines damals noch wenig bekannten Stahlseiles vorgeschlagen.
In einer Tiefe von 229m wurde erstmals eine Wasserader angehauen. Es dauerte 5 Jahre, bis das Grubenwasser unter Kontrolle gehalten werden konnte.
In einer Tiefe von 236 Metern wurde 1792 das Flöz angehauen.
Nach dem ersten Wassereinbruch kamen die vorbereiteten Interimskunstgezeuge zum Einsatz. Dies war ein Pumpensystem mit der Aufgabe, mit Hilfe der Kunsträder das Grubenwasser in einen Stollen abzuleiten. Dieser Stollen reichte bis Martinroda und wurde schon 1706 zur Wasserabführung angelegt.
Um gegen den immer weiter ansteigenden Wasserstand anzukommen, mußte ein stärkeres Kunstrad untertage angebracht werden. Aber auch dieses Rad reichte zur Bewältigung des Grubenwassers nicht aus. Nachdem ein zweites Rad parallel zum ersten angebracht wurde, hatte sich die Situation ebenfalls nicht gebessert. Nun war der Querschnitt des Schachtes voll genutzt und eine Erweiterung wäre mit zu hohen Kosten und Zeitaufwand verbunden gewesen. Bergrat Voigt wandte sich mit diesem Problem an den Mechaniker Baldauf in Freiberg. Nach langem Knobeln fand er eine Lösung, welche für die damalige technische Entwicklung von großem Wert war. Jetzt wurden jeweils zwei Kunsträder untertage übereinander angebracht. An jedes Rad wurden 14 Pumpsätze angehängt. Im Juni 1792 war die Schachtsohle trocken und im September wurde das Flöz erreicht.
Während dieser Arbeiten waren immer wieder Zuzahlungen von den Gewerken notwendig
Der 3. September war ein Festtag für Ilmenau. (praktischerweise Geburtstag des Herzogs). Die erste Tonne Schiefer wurde unter feierlicher Anteilnahme der Bevölkerung getrieben. Das Werk war mit Blumen geschmückt und Musik schallte über den Platz. Jeder wollte sich ein Stück des erhofften Reichtums mit nach Hause nehmen.
Goethe verfolgte zusammen mit Voigt den Fortgang der Arbeiten in allen Phasen, nahm teil an allen zu überwindenden Schwierigkeiten, ob sie zur Beschaffung der Maschinen, des Holzes, des Korns für die Bergleute betrafen oder ob es sich um Anlagen und Kosten, um die Wiederherstellung und Verlängerung des mittleren Bergrabens handelte. Mit einer beispielhaften Umsicht und Tatkraft förderten und leiteten beide Männer das Unternehmen, befuhren den neuen Schacht, 9 stunden lang erneut den Martinrodaer Stollen, für die damaligen Verhältnisse im Bergbau höchst beschwerliche.
Auch während seine Aufenthaltes in Italien läßt ihn das Bergwerk nicht los. Er schreibt viele anteilnehmende Briefe an Voigt und wird von ihm über jede Kleinigkeit informiert.
Schon die ersten Proben des geförderten Schiefers brachten Ernüchterung. Das Gestein enthielt nur 1% Kupfer und wenig Silber. Das Sanderz beinhaltete mehrere Prozent Blei, etwas mehr Silber aber kein Kupfer. Nun hing alles am erfolgreichen Schmelzen.
Die ersten Schieferschmelzen wurden wieder eingestellt, als sich kein Erfolg zeigte.
Daraufhin versuchte man durch andere Verfahren das Erz anzureichern. Auch Goethe selbst informierte sich über Verhüttungsverfahren in anderen Bergwerken und machte mehrere Vorschläge. Aber keine Methode erbrachte das gewünschte Ergebnis.
Der 22. Oktober 1796 leitete den Untergang des Ilmenauer Bergwerks ein. Der wasserabführende Martinrodaer Stollen brach an mehreren Stellen ein. Das Wasser staute sich und stürzte in den Schacht. Der Aufmerksamkeit eines Bergarbeiters war es zu verdanken, daß sich die Knappen in letzter Sekunde retten konnten.
Goethe begab sich nach Ilmenau, um den Schaden selbst einschätzen zu können. Er zeichnete die erste Bruchstelle, leitete mehrere Sitzungen und berichtete nach Weimar. Es kam ihm sehr darauf an, die gewerkschaftlichen Zustimmungen zu bekommen. Die finanzielle Lage des Bergwerkes war sehr angespannt. Goethe gab die Anweisung, den ersten Bruch zu räumen. Erst dann wurden noch andere Brüche festgestellt. Bei den weiteren Räumarbeiten machte sich ein Luftmangel bemerkbar. Die Atemluft war gerade noch ausreichend, allerdings reichte es nicht für eine Beleuchtung. Alexander von Humboldt hatte zu dieser Zeit gerade eine Lampe entwickelt, die auch mit wenig Luft auskam. Goethe brachte diese Lampe in Ilmenau zum Einsatz. Sie konnte aber nur so lange genutzt werden, bis auch die Atemluft nicht mehr ausreichte. Mit großem Aufwand wurde dann der Bruch von einem anderen Gang aus bis Mai 1798 bewältigt.
Jetzt hätte der Schacht ausgepumpt werden und teure Reparaturen an den Künsten vorgenommen werden müssen, welche immerhin 19 Monate unter Wasser standen.
Allerdings waren die letzten Mittel der Gewerkschaft erschöpft und keiner war bereit, nochmals in dieses Bergwerk zu investieren. Bis 1812 wurden noch Unterhaltungsarbeiten durchgeführt. Nach einem erneuten Gutachten beauftragte der Herzog Carl August C.G. Voigt mit der Liquidation des Unternehmens.
Goethes eigene Einschätzung vom Scheitern des Ilmenauer Unternehmens besagt: „Eine so wichtige Unternehmung isoliert zu wagen, war nur einem jugendlichen thätig-frohen Übermut zu verzeihen“.
Der tragische Ausgang des Unternehmens hat Goethe tief geschmerzt. 17 Jahre lang blieb er Ilmenau fern.
Aber es gab auch positive Entwicklungen, welche teilweise auch noch heute angewandt werden.
Viele Informationen, Ausstellungsstücke zu Goethe als Amtsmann im Bergbau finden Sie auch in den Goethe Museen in Ilmenau.
Museum Goethehaus Stützerbach – Museum Jagdhaus Gabelbach – GoetheStadtMuseum Ilmenau und im Goethe Nationalmuseum Weimar.